Die Hüftdysplasie oder Hüftgelenksdysplasie (HD) ist eine Fehlentwicklung des Hüftgelenks.
Betroffen sind sämtliche Hunderassen, wobei großwüchsige Rassen das Krankheitsbild besonders häufig ausbilden. Diese Krankheit wird fälschlicherweise hauptsächlich mit dem Deutschen Schäferhund in
Verbindung gebracht, obwohl mittlerweile andere Rassen stärker betroffen sind. Die Häufigkeit des Vorkommens beträgt je nach Rasse 4 bis etwa 50 Prozent. Die HD ist zu großen Teilen genetisch
bedingt, weshalb viele Zuchtverbände die HD- Freiheit zur Zuchtzulassung fordern. Aber auch die Paarung aus HD-freien Elterntieren bietet
leider keine Garantie, dass die Nachkommen HD-frei sind. Da falsche Ernährung (zu schnelles Wachstum), schlechte Haltung oder Überbelastung die Entstehung und das Fortschreiten der Krankheit
begünstigen können, spricht man von einem multifaktoriellen (von vielen Faktoren abhängigen) Geschehen. Das HD Röntgen unter Narkose ist eine anerkannte Untersuchung vor der Zuchtfreigabe. Mit
welchem HD Grad noch gezüchtet werden darf unterscheidet sich aber in einzelnen Vereinen. Ebenso unterschiedlich wird die Auswertung der Aufnahmen behandelt. Teils erfolgt sie über einen beliebigen
Röntgentierarzt, oder nur über zugelassene Gutachter, an die der Tierarzt die Röntgenbilder einschickt. Trotz einheitlicher Kriterien der
Beurteilung von den Röntgenbildern können unterschiedliche Ergebnisse durch verschiedene Gutachter zustande kommen. Deswegen ist die Wertigkeit des HD Ergebnisses nicht einheitlich und sollte bei
schlechteren Ergebnissen mit Vorsicht beurteilt werden.
Klinisch zeigt sich die HD in zunehmender Bewegungseinschränkung und Schmerzhaftigkeit, die infolge der krankhaften Umbauprozesse am Hüftgelenk (Coxarthrose) entstehen. Im fortgeschrittenen Stadium kann nur die Entfernung des Hüftgelenks mit oder ohne Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks eine deutliche Verbesserung herbeiführen. Ist dies nicht möglich, lässt sich durch eine dauerhafte Schmerztherapie häufig lange eine ausreichende Lebensqualität aufrechterhalten.
Die Ausprägung klinischer Symptome einer HD variiert in Abhängigkeit vom Alter bzw. Stadium der Krankheit. Bei relativ jungen
Tieren, im Alter von einem halben bis einem Jahr, kommt es zur Schmerzhaftigkeit, weil der Oberschenkelkopf in der Hüftgelenkspfanne nur ungenügenden Halt findet und durch seine abnorme Beweglichkeit
Schmerz registrierende Nervenfasern der Knochenhaut des Pfannenrandes gereizt werden. Ältere Tiere bilden Schmerzhaftigkeiten eher infolge fortschreitender degenerativer Veränderungen (Arthrosen) des
Hüftgelenkes aus.
Eine beginnende HD äußert sich in zunehmenden Schmerzen bei Spaziergängen, der Hund will nicht mehr weit laufen, setzt sich öfter hin, schreit
beim Spielen ab und zu auf und zeigt einen instabilen Gang. Bei Feststellung eines der Symptome ist der Gang zum Tierarzt ratsam.
Eine zuverlässige Möglichkeit zum Erkennen des Schweregrades der Erkrankung bildet die Röntgenuntersuchung. Da bei dieser die Gelenke überstreckt werden müssen, was beim Vorliegen einer HD starke Schmerzen verursacht, wird sie unter einer Kurznarkose durchgeführt. Voraussetzung für eine aussagekräftige Diagnose ist die exakte Positionierung des untersuchten Tieres in Rückenlage mit gestreckten, parallel gelagerten Oberschenkeln und rechtwinklig zum Strahlengang eingedrehten Kniescheiben.
Er ist als der Winkel definiert, der zwischen dem Zentrum des Oberschenkelkopfes und dem vorderen Pfannenrand abgetragen wird. Bei einem HD- freien Tier sollte er mehr als 105° betragen.
Weitere Kriterien zur Beurteilung sind die übereinstimmende Form von Oberschenkelkopf und Gelenkpfanne, die Weite des Gelenkspaltes, die Pfannenkontur, die Kontur des Oberschenkelkopfes sowie das Vorhandensein von Hinweisen auf arthrotische Prozesse wie walzenförmige Verdickungen des Oberschenkelhalses, Randwülste an der Gelenkpfanne, unter dem Knorpel befindliche Verdichtungen der Knochensubstanz im Pfannenbereich und die Einlagerung von Knochenmaterial am Ansatz der Gelenkkapsel (Morgan-Linie).
Üblicherweise wird zwischen 5 Schweregraden von HD unterschieden. Bisweilen werden die Grade A-D noch in A1 und A2, B1 und B2, C1 und C2
sowie D1 und D2 aufgeteilt.
A HD-Frei, normal
In jeder Hinsicht unauffällige Gelenke, Norberg-Winkel 105° oder mehr.
B HD-Verdacht, fast normal
Schenkelkopf oder Pfannendach sind leicht ungleichmäßig und der Norberg-Winkel beträgt 105° (oder mehr), oder Norberg-Winkel kleiner als 105° aber gleichförmiger Schenkelkopf und Pfannendach.
C Leichte HD
Oberschenkelkopf und Gelenkpfanne sind ungleichmäßig, Norberg-Winkel 100° oder kleiner. Eventuell leichte arthrotische Veränderungen
D Mittlere HD
Oberschenkelkopf und Gelenkpfanne sind deutlich ungleichmäßig mit Teilverrenkungen. Norberg-Winkel größer 90°. Es kommt zu arthrotischen Veränderungen und/oder Veränderungen des Pfannenrandes.
E Schwere HD
Auffällige Veränderungen an den Hüftgelenken (beispielsweise Teilverrenkungen), Norberg-Winkel unter 90°, der Pfannenrand ist deutlich abgeflacht. Es kommt zu verschiedenen arthrotischen
Veränderungen.
Man kann HD nicht heilen, sondern nur das Auftreten klinischer Symptome und das Fortschreiten der Krankheit hinauszögern oder
die Schmerzen reduzieren. Je häufiger der Hund bestimmte Bewegungsabläufe ausführt, desto schneller verschleißt die Hüfte. Zu diesen Bewegungen gehören vor allem jene, die die Gelenke besonders
stauchen, wie Treppenlaufen, Springen auf harten Untergründen und ähnliche. Man kann dem Hund mit frühzeitigem Erkennen und richtigem Umgang mit der Krankheit ein normales Leben
ermöglichen.
Behandlungsmöglichkeiten:
Medikamentöse Therapie mit entzündungshemmenden und schmerzstillenden Medikamenten.
PIN-Operation:
Durchtrennung oder Entfernung des Oberschenkelmuskels an der Innenseite sowie Umschneiden des Gelenkkapselrandes zur Unterbindung der Schmerz leitenden Nervenfasern. Dies ist eine sehr effektive
Schmerztherapie, deren Wirkung mehrere Jahre anhält.
Kapselraffung:
Hierbei wird die Gelenkkapsel chirurgisch gestrafft. Die Operation ist nur bei jungen Tieren sinnvoll, wenn noch keine deutlichen Abnutzungserscheinungen aufgetreten sind und verhindert die
Subluxationen und damit ein Fortschreiten der Erkrankung.
Osteotomie des Beckens:
Dazu werden alle drei Beckenknochen (Darmbein, Sitzbein nd Schambein) durchtrennt, das Becken etwas zur Seite gekippt und die Knochen anschließend wieder durch Osteosynthese verbunden. Ziel ist es,
dass der Oberschenkelkopf wieder besser zur Hüftgelenkspfanne steht. Diese Operation ist aufwändig und nur bei jungen Hunden anzuraten, bei denen noch keine sichtbaren Veränderungen an der Gestalt
des Femurkopfs im Sinne einer beginnenden Arthrose bestehen.
Das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenkes:
ist eine sehr kostenintensive Behandlung. Nach der Operation kann der Hund sehr alt werden. Es ist wichtig, den Hund beim anschließenden Muskelaufbau (viel Bewegung) zu unterstützen. Laufen am
Fahrrad und Schwimmen sind ideal. Gute Resultate hat man auch mit der zusätzlichen Medikation von Muskelaufbaupräparaten.
Femurkopfresektion: Dabei wird der Gelenkkopf des Oberschenkelknochens entfernt, worauf sich eine bindegewebige Verbindung
zwischen Becken und Oberschenkelknochen entwickelt. Verbunden mit intensiver Physiotherapie bietet diese Methode gute Chancen, ein schmerzfreies Leben zu führen. Häufig bleibt durch diese
Behandlungsmethode jedoch eine dauerhafte Funktionsstörung zurück.
Eine Verhinderung des Fortschreitens kann durch richtige Ernährung und nicht zu viel Sport – vor allem durch wenig Belastung und das Vermeiden von Stauchen und Überdehnen des Hüftgelenkes – erreicht werden. Eine Physiotherapie kann durch den gezielten Aufbau der Becken- und Oberschenkelmuskulatur das Hüftgelenk entlasten. Die Zugabe von Knorpel aufbauenden Zusatzfuttermitteln (Grünlippmuschel) wird ebenfalls empfohlen.
Der Femurkopf ist bereits subluxiert, die Hüftgelenkspfanne umgreift ihn nicht mehr (rote Pfeile).
Die Femurköpfe zeigen bereits Abweichungen von der Halbkugelform (gelbe Pfeile).
Rechts im Bild sind deutliche arthrotische Veränderungen des Femurkopfes erkennbar.